Smarte Vernetzung und Versorgung in Blomberg

Nachhaltige Kopplung der Gebäudesektoren

Sektorenkopplung ist ein Schlagwort, das oftmals im Zusammenhang mit der Energiewende fällt. Bislang sind in diesem Bereich lediglich wenige Anwendungen realisiert. Wie können eine nachhaltige Sektorenkopplung und ein intelligenter Perimeterschutz heute also gelingen? Am Beispiel eines fast fertiggestellten Gebäudes von Phoenix Contact wird eine zukunftsweisende Lösung skizziert. Die Vernetzung der verschiedenen Gebäudegewerke sowie eine intelligente Versorgung mit Energie und Daten spielen dabei eine Hauptrolle am Unternehmensstandort in Blomberg.
Das neue Gebäude bei Phoenix Contact soll als Blaupause für die Sektorenkopplung nachhaltiger Bauwerke dienen.
Das neue Gebäude bei Phoenix Contact soll als Blaupause für die Sektorenkopplung nachhaltiger Bauwerke dienen.Bild: Phoenix Contact Deutschland GmbH

Vor dem Hintergrund steigender Zahlen von Mitarbeitenden sowie Maschinen und Anlagen wird am Hauptsitz von Phoenix Contact derzeit ein neues Gebäude errichtet, das eine Gesamtfläche von 18.500m² umfasst. Hauptnutzer ist der unternehmenseigene Maschinenbau. Hinzu kommen die Geschäftseinheit für industrielle Schaltschranklösungen, Logistikfläche und eine Kantine. In Summe werden mehr als 400 Mitarbeitende im neuen Gebäude tätig sein, dessen Fokus auch auf das Thema Nachhaltigkeit ausgerichtet ist. Die Gebäude- und Produktionstechnik des Bauwerks basiert auf den eigenen Kompetenzen in den Bereichen Automatisierungs- und Verbindungstechnik, Energiemanagement sowie Ladeinfrastruktur. Das neue Gebäude soll eine Blaupause für eine smarte Sektorenkopplung werden, die auf zukünftige eigene und Kundenbauwerke übertragen werden kann.

Schematische Darstellung der Sektorenkopplung im neuen Gebäude, wobei die türkisfarbenen Linien die Energieflüsse zeigen.
Schematische Darstellung der Sektorenkopplung im neuen Gebäude, wobei die türkisfarbenen Linien die Energieflüsse zeigen.Bild: Phoenix Contact Deutschland GmbH

Energiekonzept für alle Gewerke

Das Herzstück des neuen Gebäudes bildet eine Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 1,62MW Peak, die zu 67 Prozent auf dem Dach und zu 33 Prozent auf der umgebenden freien Fläche installiert ist. Ein Teil der Energieausbeute wird konventionell in das Wechselstromnetz eingespeist und lässt sich direkt zur Wärmegewinnung durch eine Wärmepumpe nutzen. Ein großer Eisspeicher mit einem Volumen von rund 1.600 Kubikmeter dient als Energiequelle zum Heizen und Kühlen der Räume. Der andere Teil der Photovoltaikleistung wird im Gleichstromnetz des Gebäudes verwendet, das die Beleuchtung sowie die Automatisierungs- und Produktionstechnik versorgt. Die Versorgung der Ladeinfrastruktur für Elektroautos erfolgt ebenfalls aus dem DC-Netz. Sollte die verfügbare Leistung nicht abgenommen werden, findet eine Umwandlung in Wasserstoff statt. Die Photovoltaikanlage erzeugt Gleichstrom. Zur Einspeisung in das Stromnetz muss dieser in Wechselstrom konvertiert und dann zur Versorgung der Geräte wieder in Gleichstrom zurückgewandelt werden, wobei Energie in Form von Wärme verloren geht. Teilweise liegt der Wirkungsgrad lediglich bei etwa 56 Prozent. Dem wird mit dem Gleichstromnetz entgegengewirkt. Zum Anschluss der Batteriespeicher an das Netzwerk kommen eigene Steckverbinder zum Einsatz, die bis zu 1.500V DC nutzbar sind. Für die Verteilung der Leistung im DC-Netz kann Phoenix Contact ebenso auf sein Portfolio zurückgreifen. Hier finden Charx-Power-Geräte Anwendung: DC/DC-Wandler für eine geregelte Gleichspannung sowie DC/AC-Inverter zur Umwandlung von Gleich- in Wechselstrom. Messgeräte der Baureihe EMpro erfassen die Energiedaten der einzelnen Verbraucher und leiten sie an übergeordnete Leit- und Managementsysteme wie Emalytics weiter. Emalytics vereint die Management- und Bedieneinrichtung sowie das Energiemonitoring in einer Plattform. Mit dem IoT-basierten Framework lassen sich die Daten und Informationen der verschiedenen Teilgewerke steuern, auswerten und verarbeiten, um Prozesse zu optimieren.

Offene Smart Camera Box an einem Mast vor einem Gebäude.
Offene Smart Camera Box an einem Mast vor einem Gebäude.Bild: Phoenix Contact Deutschland GmbH

PoE-unterstützende Smart Camera

Beim Perimeterschutz des Außengeländes findet die Smart Camera Box aus dem eigenen Portfolio Verwendung. Hierbei handelt es sich um einen All-in-One-Switch für den Outdoorbereich, der Power over Ethernet (PoE) unterstützt sowie die notwendigen Installationskomponenten wie Netzteil, Kühlkörper, Überspannungsschutz und eine Spleißkassette für die LWL-Verkabelung umfasst. Bei Neubauten und -installationen werden heute fast ausschließlich Netzwerkkameras eingesetzt, welche die erforderliche Energie via PoE erhalten. Es muss so lediglich ein Kabel zur Übertragung von Daten und Leistung angeschlossen werden. Je nach Größe und Funktionsumfang der Kamera sind unterschiedliche Leistungen über das Ethernet-Kabel zu transportieren. Die Leistungsklassen reichen von 4 bis 90W. Zur Versorgung und Vernetzung der Kameras wurden bisher eigene Schaltschränke gebaut, die das Netzteil, PoE-Injektoren, Switches und LWL-Technik enthalten. Mit der Smart Camera Box steht eine Lösung zur Verfügung, die ein 230-V-Netzteil inklusive Überspannungsschutz sowie einen managebaren PoE-Switch mit 165W Gesamtleistung umfasst. Auf diese Weise kann die Box bis zu vier Kameras versorgen, je Kamera mit maximal 90W. Außerdem bietet der Switch SFP-Ports und eine Spleißkassette für eine einfache LWL-Anbindung.

Versorgung und Vernetzung

Die Gründe für die Nutzung des PoE-Switches für den Outdoor-Bereich liegen neben der Versorgungsleistung von bis zu 90W pro Kamera vor allem in der Zeiteinsparung, da kein Schaltschrank geplant sowie Material beschafft und verdrahtet werden muss. Dem Planer werden Überlegungen zur Kühlung des Netzteils und des PoE-Switches sowie die Auswahl des geeigneten Outdoor-Schaltschranks abgenommen. Das passive Kühlkonzept der Smart Camera Box erlaubt einen Betrieb von -40 bis 70°C. Das Gehäuse ist nicht nur gemäß IP65 und IK10 zertifiziert, sondern beinhaltet auch eine Klimamembran zur Vermeidung von Kondenswasser sowie eine integrierte Türüberwachung, die das unberechtigte Öffnen der Box signalisiert. Abgesehen von der Vernetzung und Versorgung von Kameras mit Energie eignet sich der PoE-Switch für den Außenbereich für weitere Anwendungen. Mit ihm lassen sich z.B. Endgeräte wie WLAN-Access-Points, LED-Leuchten auf Basis von PoE und Zugangskontroll-Terminals versorgen und vernetzten. Die modernen Kameras verschiedener Hersteller verfügen bereits heute über KI-Analysefunktionen wie Objekt- und Bewegungserkennung. Möchte der Betreiber speziellere KI-Applikationen umsetzen oder sofort auf Ereignisse reagieren, sollte die KI-Analyse direkt in der Steuerung erfolgen. Zu diesem Zweck lassen sich die Steuerungen der Produktfamilie PLCnext Control um ein linksanreihbares Machine-Learning-Modul erweitern, auf dem KI-Anwendungen im Format TensorFlow Lite installiert werden können. Eine denkbare Applikation wäre das Detektieren der unternehmenseigenen Elektrofahrzeuge an den Ladestationen, sodass die SPS ein kostenfreies Laden zulässt.

Autor: Jonas Siekmann, Produktmanager Communication Interfaces, Phoenix Contact Electronics GmbH

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